Inhalt, Form und Dramaturgie

Bis heute wird die deutsch-polnische Geschichte oft verkürzt und entstellt als eine Geschichte von Kriegen, Teilungen und Besetzungen beschrieben. Doch dies ist nur die halbe Wahrheit – und sie spiegelt vor allem die Ereignisse des 19. und 20. Jahrhunderts wider. Die früheren Beziehungen zwischen Deutschen und Polen waren meistens friedlich, geprägt von Koexistenz, Zusammenarbeit und Austausch. Dennoch werfen die deutsch-polnischen Kriege und feindlichen Auseinandersetzungen bis heute lange Schatten.

Es ist Zeit, die deutsch-polnische Geschichte aus der Fokussierung auf Ideologie und festgefahrenen Stereotypen zu befreien. Wenn wir die ganzen 1000 Jahre der gemeinsamen Geschichte nehmen, so war der Großteil der Zeit von nachbarlicher Kooperation und einem intensiven politischen und kulturellen Miteinander geprägt. Aktuelle Untersuchungen der Genome zeigen, dass Deutsche und Polen genetisch eng miteinander verwandt sind – für viele vielleicht eine überraschende Erkenntnis, aber angefangen bei der Migration und Ansiedlung von Deutschen östlich der Oder schon im frühen Mittelalter bis zu der heutigen Arbeitsmigration von Polen in Deutschland, war und ist ein reger Bevölkerungsaustausch der Normalfall. Das politische, wirtschaftliche und kulturelle Miteinander der beiden Länder bildet eine wichtige Säule der europäischen Union. In diesem Geiste will der Film nicht ausgrenzen, sondern integrieren. Zu der Nachbarschaftsgeschichte von Deutschen und Polen gehört deswegen auch untrennbar der Anteil der Österreicher, Tschechen, Litauer, Ungarn, Ukrainer und selbstverständlich auch der Juden.

Dramaturgie und Form

Die Filme sollen sich wie eine collagehaft angelegte Zeitreise in mehreren Ebenen bewegen, dabei aber immer ihre Thesen und Themensetzung im Auge behalten. Die Aussagen sollen miteinander verknüpft werden und einen dramaturgischen Spannungsbogen ergeben. Die Grundebenen der Filme bilden die Raum- und Zeitebene. Die Raumebene erschafft  historische Landschaften sowie die Stadttopografie und Architektur.  Filmisch denke ich an zwei Verfahren, die eindrucksvolle Bilder schaffen können, ohne dass die „neuzeitlichen Zeichen“ zu sehr stören. Zum einen wollen wir viele Aufnahmen aus der Flussperspektive machen. Dadurch sehen wir die Landschaften und Städte aus einer nicht alltäglichen Sicht, zum anderen können wir eine Perspektive nutzen, die  in einer natürlichen Bewegung ist, sozusagen fließend (auch der historische Fluss kann hier mitimaginiert werden), was einerseits eine gute Wahrnehmung der Bilder ermöglicht, aber auch sich gut für den Schnitt eignet. Das zweite Verfahren wären Luftaufnahmen. Diese Aufnahmen lassen sich besonders gut mit den horizontalen Flussaufnahmen verschneiden und ermöglichen dem Zuschauer die Vogelperspektive – die sowohl Übersicht als auch ein Überwältigungsgefühl schaffen kann. Damit meine ich zum Beispiel opulente Bilder der monumentalen Marienburg (größte Burganlage der Welt) oder der Breslauer, Dresdener oder Krakauer Altstadt in der Morgendämmerung.   

Neben dieser dokumentarischen Neudrehebene werden in den Filmen neugedrehte Spielszenen verwendet. Diese szenischen Fragmente sollen wichtige Ereignisse aus der alten Geschichte mit Beteiligung von deutschen und polnischen Schauspielern von dem auf historische Sujets spezialisierten Regisseur Gordian Maugg inszeniert werden.

Eine weitere visuelle Ebene bildet der Einsatz von Computeranimation. Diese Gestaltungsweise soll die vielen geografischen Motive, hier denke ich vor allem an alte Landkarten und Stadtpläne sowie die unterschiedlichen Kunstwerke wie Porträts, Zeichnungen, Schriftstücke oder sonstige historische Artefakte beleben und mit den anderen oben beschriebenen visuellen Stillmitteln verbinden. Hier gilt es insbesondere eine innovative, grafische Visualisierung zu erreichen, die sowohl der Titelgestaltung, der Filmgliederung und den Mischformen von Realfilm/Grafik eine eigene Handschrift verleiht.   

Natürlich enthalten die Filme auch die Ebene von Expertenaussagen. Hier wollen wir folgende Akzente setzen. Es sollen Interviewpartner aus unterschiedlichen Fachgebieten auftreten, nicht nur Historiker, sondern auch Schriftsteller, Philosophen oder Politologen. Ein interdisziplinärer Ansatz ist bewusst erwünscht. Wir werden Wert darauf legen, dass auch Vertreter der jüngeren Generation zu Wort zu kommen.  Dies erscheint uns besonders wichtig, um nicht in die Falle von tausendmal Gesagtem und Stereotypen zu tappen.

Um diese Interviews visuell in den Filmen so gut wie möglich einzubetten, planen wir die Expertengespräche vor einer Art Bluebox zu drehen um in der Postproduktion die Freiheit zu haben, den Hintergrund passend zu den jeweiligen thematische Aussagen visuell zu bearbeiten.